Briefe
Aus der Zeit nach seiner Verhaftung am 8. März 1943 bis zu seinem Tod am 22. Februar 1945 sind 28 Briefe von Richard Henkes erhalten.. Sie sind die wichtigsten Zeugnisse seines geistlichen Lebens im KZ. Sie zeigen auch, dass er die Entwicklung des Krieges und des KZ-Lagers aufmerksam verfolgt hat und zum Lebensopfer bereit war. Doch hielt er sich in seinen Briefen zurück, weil er seine alte Mutter nicht unnötig erschrecken wollte. Abschiedsbriefe im formellen Sinne hat P. Richard Henkes nicht geschrieben, weil er bis zuletzt zu überleben hoffte. Zum anderen überfiel ihn die Todeskrankheit Flecktyphus plötzlich mit hohem Fieber, so dass er für das Briefeschreiben keine Zeit und Kraft mehr hatte. Jedoch spricht er in seinen beiden letzten Briefen vom Januar 1945 und vom 4.2.1945 in aller Klarheit von dem, was im Lager vor sich ging. Im Januar schreibt er vom „letzten Elend“ und im Februar 45 charakterisiert er die Lage so: „Sonst sieht es recht schlimm für uns aus. Die Leute sterben in Massen, weil sie vollständig ausgehungert sind. Es sind dann nur noch Gerippe. Ein grauenhaftes Bild. Ich habe mich gegen Typhus impfen lassen und ich hoffe, dass der Herrgott mich beschützt... Man macht sich allerdings Gedanken, wie das hier einmal ausgehen wird. Machen können wir nichts, wir können uns nur auf den Herrgott verlassen.“ Richard Henkes konnte deshalb so offen sprechen, weil er diese Briefe durch einen Mittelsmann an der Lagerzensur vorbei seiner Schwester Maria Wies in Staudt/Ww. zukommen lassen konnte.
Das von Richard Henkes erhaltene Schriftgut sind in der Hauptsache Briefe und Postkarten sowie fünf Berichte bzw. Abhandlungen, von denen zwei gedruckt wurden. Dabei verdienen im Blick auf eine angestrebte Seligsprechung seine Briefe besondere Beachtung und Wertschätzung, weil die von ihm selbst stammenden Zeugnisse seines Denkens und Handelns unmittelbaren Einblick in sein Selbstverständnis geben. Diese persönlichen Dokumente sind zu ergänzen durch die Wahrnehmung und Zeugnisse anderer über Richard Henkes. Es gibt davon eine ganze Reihe dank früherer Bemühungen von P. Willi Schützeichel und Ludwig Münz, mehr, als es dem Postulator zunächst der Fall zu sein schien.
Bücher hat R. Henkes m.W. nicht geschrieben oder veröffentlicht. Es gibt aus seiner Schulzeit eine kurze Abhandlung über ein von seinem Spiritual gestelltes Thema, aus der Zeit des Noviziates eine Stellungnahme zu seinem früheren Mitschüler Josef Engling; beide wurden von P. Josef Kentenich veranlasst. Als wichtiges Zeugnis für seine Entwicklung am Ende der philosophisch-theologischen Studien erweist sich sein gedruckter Nachruf auf den jung verstorbenen Pallottinerpater F.X. Salzhuber. Als Geschichtslehrer im Studienheim Vallendar schrieb er im Heimatkalender des Landkreises Koblenz 1931 einen interessanten Beitrag über Alt-Schönstatt. Predigten oder Predigtskizzen des in ganz Oberschlesien berühmten Predigers sind trotz intensiver Suche nicht gefunden worden. Dasselbe gilt für seine Unterlagen der vielen Exerzitienkurse und Einkehrtage in Branitz, Katscher und anderswo. Dreimalige Nachforschungen des Postulators in Strandorf im Hultschiner Ländchen, wo P. Henkes seinen letzten Wohnsitz vor der Verhaftung durch die Gestapo hatte, blieben in Bezug auf Predigten und Exerzitienvorträge ergebnislos. Daher sind die vielen Briefe und Postkarten sowie die fünf Berichte und ein kurzes Gutachten für die Veröffentlichung eines Mitbruders die einzigen persönlichen Zeugnisse, die uns für eine Analyse zur Verfügung stehen.
Fünfundzwanzig erhaltenen Briefe nach seiner Verhaftung sind abgedruckt in: Manfred Probst, Glaubenszeuge im KZ Dachau. Das Leben und Sterben des Pallottinerpaters Richard Henkes (1900-1945). Mit den Vorarbeiten von Georg Reitor und Ralph Büscher SAC, 2. korrigierte und erweiterte Auflage, Friedberg bei Augsburg 2014, S. 250 – 296.